E-Parkplätze Hamburg: Parken nur "während des Ladevorgangs"? (Update)

12. März 2023
E-Parkplätze, E-Parkplätze Hamburg, 1010-66

In der Freien und Hansestadt Hamburg bestand bis vor Kurzem Uneinigkeit über die Frage, ob E-Fahrzeuge die beliebten E-Parkplätze nur "während des Ladevorgangs" nutzen dürfen oder nicht. Mit Urteil vom 20. Dezember 2022 (Az. 413b OWi 142/22) leistete das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf einen Beitrag zur Rechtssicherheit und bestätigte somit die Rechtsauffassung der Doğan | Pfahler Rechtsanwälte.

Update (September 2023): Wie angekündigt, weisen die E-Parkplätze in Hamburg seit März/April 2023 den Zusatz "während des Ladevorgangs" auf, so dass entsprechend gekennzeichnete E-Parkplätze seitdem tatsächlich nur noch während des Ladevorgangs genutzt werden dürfen. Hierauf weist auch die FAQ-Seite von Stromnetz-Hamburg hin:

Frage: Muss ich mein E-Fahrzeug laden, um an einer Ladesäule auf öffentlichem Grund parken zu dürfen?
Antwort: Ja, E-Fahrzeuge dürfen lediglich dann die Parkplätze an Ladesäulen auf öffentlichem Grund in Hamburg nutzen, wenn diese gleichzeitig geladen werden. Dies schreibt die zusätzliche Beschilderung „während des Ladevorgangs“ vor. Derzeit wird die Beschilderung an den Ladesäulen auf öffentlichem Grund mit dem Zusatzschild „während des Ladevorgangs“ ausgestattet. Denken Sie bitte daran, innerhalb des Bewirtschaftungszeitraums (werktags von 9 bis 20 Uhr) die Parkscheibe zu nutzen; ferner muss das E-Fahrzeug über das E-Kennzeichen verfügen.

Stromnetz Hamburg (Link)

„Tschüss" Verbrennerfahrzeuge! Der von der Regierung geplante Umstieg auf alternative Antriebe schlägt Wurzeln: Laut ADAC sind (Stand 3. März 2023) in Deutschland 48,8 Millionen Fahrzeuge zugelassen. Dabei nimmt die Anzahl der zugelassenen Hybrid und E-Autos seit 2018 zu. Im vergangenen Jahr handelte es sich bei der Hälfte aller Pkw-Neuzulassungen um Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, d.h. Elektro, Hybrid, Plug-In, Wasserstoff, Gas oder Brennstoffzellen. Am 1. Oktober 2022 waren zuletzt 840.600 E-Autos zugelassen (vgl. Statista).

Während die Anzahl der in Deutschland zugelassenen E-Autos zunimmt, wird auch die Infrastruktur ausgebaut. Dabei steigt nicht nur die Anzahl der Ladestationen an, sondern auch die unterschiedlich ausgestalteten Beschilderungen in deutschen Städten.

An dieser Stelle verzichten wir bewusst darauf, einen Überblick über das "Verkehrszeichen- und Zusatzzeichen-Chaos" zu geben. Interessierte Leser erhalten bei der WEKA und bei ensight einen umfassenden Einblick in die verkehrsrechtliche "Bevorrechtigung von E-Fahrzeugen" und die teilweise widersprüchlich gelebte Praxis.

I. E-Parkplätze Hamburg: Parken nur "während des Ladevorgangs"?

Auch in Hamburg leben Fahrer von E-Fahrzeugen zuweilen in der Ungewissheit, ob sie E-Parkplätze ausschließlich während des Ladevorgangs nutzen dürfen oder die Parkplätze auch belegen dürfen, ohne ihr Fahrzeug gleichzeitig aufzuladen. Für Parkplätze mit dem Zeichen 314 in Verbindung mit dem Zusatzzeichen 1010-66 stellt sich diese Frage unseres Erachtens zu Recht.

Darüber hatte nun das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf mit Urteil vom 20. Dezember 2022 (Az. 413b OWi 142/22) zu entscheiden.

Hintergrund der Entscheidung des Amtsgerichts war ein Bußgeldbescheid, worin dem Führer eines E-Autos (mit E-Kennzeichen) vorgeworfen wurde, unberechtigt auf einem Parkplatz für elektrisch betriebene Fahrzeuge mit Zusatzzeichen geparkt zu haben. Das heißt, ohne einen Ladevorgang begonnen zu haben. Der Ladepunkt verfügte über eine Ausschilderung mit dem Zeichen 314 und dem Zusatzzeichen 1010-66 sowie eine zeitliche Beschränkung auf zwei Stunden.

Allerdings lässt das Zeichen 314 mit dem Zusatzzeichen 1010-66 eine Beschränkung auf den Ladevorgang nicht zu. Vielmehr folgt aus der Erläuterung zum Zeichen 314 die Regelung eines bevorrechtigten Parkens, welches von der Parkschein- oder Parkscheibenverpflichtung befreit. Nicht mehr und nicht weniger.

„1. Wer ein Fahrzeug führt, darf hier parken.
[…]

a) Durch Zusatzzeichen kann die Parkerlaubnis zugunsten elektrisch betriebener Fahrzeuge beschränkt sein.
b) Durch Zusatzzeichen können elektrisch betriebene Fahrzeuge von der Verpflichtung zum Parken mit Parkschein oder Parkscheibe freigestellt sein. Sind Parkscheinautomaten aufgestellt, kann die Freistellung auch allein am Automaten angegeben sein.
c) Durch Zusatzzeichen kann die Parkerlaubnis für elektrisch betriebene Fahrzeuge nach der Dauer beschränkt sein. Der Nachweis zur Einhaltung der zeitlichen Dauer erfolgt durch Auslegen der Parkscheibe. Die Parkerlaubnis gilt nur, wenn die Parkscheibe gut lesbar ausgelegt oder angebracht ist.“

(Anlage 3 lfd. Nr. 7, Spalte 3, Nr. 1, 3 lit. a – c zu § 42 Abs. 2 StVO)

Die geltende Rechtslage erlaubt es schlicht nicht, über § 39 Abs. 2 u. 10 StVO, §§ 42 Abs. 2 (i. V. m. Anlage 3), 45 Abs. 1g StVO i. V. m. § 3 Abs. 4 Nr. 1 und Abs. 5 Nr. 1 EmoG die Reservierung von Parkplatzen für elektrisch betriebene Fahrzeuge mithilfe des Zusatzzeichens 1010-66 i. V. m. dem Zeichen 314 auf den Ladevorgang zu beschränken.

II. Urteil des Amtsgerichts Bergedorf

Dieser Auffassung folgt das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 2022. Stellflächen, die mit diesen Zeichen und Zusatzzeichen ausgeschildert sind, bewirken demnach eine pauschale Parkerlaubnis für elektrisch betriebene Fahrzeuge, ohne dass das Erfordernis der Vornahme eines Ladevorgangs besteht.

Das Gericht hat den Betroffenen somit vom Vorwurf freigesprochen. Der E-Auto-Fahrer war also berechtigt, sein Fahrzeug auf der ausgewiesenen Fläche zu parken, ohne gleichzeitig sein E-Auto laden zu müssen.

III. Auffassung der Behörde für Inneres und Sport der FHH

Dieser Auffassung war auch die Behörde für Inneres und Sport (BIS) in Hamburg, als sie zum Zeichen 314 das Zusatzzeichen 1010-66 „elektrisch betriebene Fahrzeuge“ hinzufügte und sich dazu entschied, dass Elektrofahrzeuge an Ladestationen unabhängig vom Ladevorgang bis zu 2 Stunden parken dürfen.

Das Zusatzzeichen 1050-32 „Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs“ wurde zwecks Förderung der Elektromobilität vom BIS ausdrücklich nicht angeordnet. Deshalb hat die Bezirksversammlung Altona mit Beschluss vom 17. Januar 2022 der BIS empfohlen, die Beschilderung für öffentliche Ladestationen so zu ändern, dass Elektrofahrzeuge dort nur während des Ladevorgangs geparkt werden dürfen (Bezirksversammlung Altona, Verkehrsausschuss, Drucksachen–Nr.: 21-2748, 17. Januar 2022).

Aus der Stellungnahme der BIS vom 13. Juni 2022 folgte jedoch, dass die Reservierung der Parkplätze mittels Zusatzzeichens 1050-32 auf den Ladevorgang mit der gegenwärtigen Rechtslage nicht abzubilden sei. Es sei nicht sicher, ob das Zusatzzeichen 1050-32 dem Bestimmtheitsgebot genüge. Denn der Begriff des "Lade"vorgangs könne wahlweise als

  • Be- und Entladen von physischen Gegenständen oder
  • Aufladen von Batterie

verstanden werden. Überdies sei erforderlich, dass der Beginn und das Ende des jeweiligen Ladevorgangs stets und zweifelsfrei feststellbar seien. Gegenwärtig sei dies jedoch nicht bei allen Fahrzeugen und/oder Ladestationen der Fall (Mitteilungsdrucksache Nr. 21-3235 zum Beschluss der Bezirksversammlung vom 28.04.2022).

IV. Ausblick: Hamburg kündigt Beschränkung auf Ladevorgang an

Wie der NDR berichtet, wird die FHH demnächst Zusatzschilder mit dem Hinweis „während des Ladevorgangs“ an den Parkplätzen mit Ladesäulen anbringen (Bericht des NDR). Die Stadt komme damit dem Wunsch vieler Nutzer nach, die über blockierte, jedoch nicht genutzte Ladesäulen klagen (Pressemeldung der BVM).

V. Bußgeldbescheid erhalten? Wir unterstützen Sie gerne

Haben auch Sie einen Bußgeldbescheid erhalten, weil Sie einen Hamburger E-Parkplatz genutzt haben, ohne gleichzeitig Ihr Pkw zu aufzuladen? Wenn Sie gegen den Bescheid vorgehen möchten, kontaktieren uns gerne über unser Kontaktformular.

Hinweis: Dieser Blogbeitrag ersetzt keine Rechtsberatung.


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